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Unnötiges kantonales Litteringverbot

An seiner letzten Sitzung im Jahr 2018 beschloss der Grosse Rat mit 87 zu 41 Stimmen noch ein unnötiges kantonales Litteringverbot. Warum unnötig, denn uns alle stört ja Littering massiv? Ein kantonales Litteringverbot verbunden mit einer Ordnungsbusse ist deshalb unnötig, weil bereits heute alle Gemeinden im Kanton Aargau flächendeckend Bussen gegen Littering kennen und das Problem beim Vollzug liegt. Ein kantonales Gesetz ändert daran gar nichts. Die FDP-Fraktion lehnte daher die Einführung eines wirkungslosen kantonalen Litteringverbots grossmehrheitlich ab.

Littering bezeichnet das achtlose Wegwerfen oder Liegenlassen von kleinen Mengen von Siedlungsabfällen wie Zigarettenstummel, Kaugummi, Fastfoodverpackungen, Pet-Flaschen oder Aludosen. Das illegale Ablagern von Abfällen wie ganze Kehrichtsäcke, Pneus, Möbel usw. ist aber nicht gemeint – diese Abfälle haben bereits Deponiecharakter und werden im Strafbefehlsverfahren mit drakonischen Bussen belegt, was auch absolut richtig ist.

Längst haben viele Mitmenschen keine gute Kinderstube mehr hinter sich. Wir haben noch gelernt, dass Abfall in den Abfalleimer gehört und nicht einfach auf die Strasse, ins nächste Feld oder in den schönen Bach. Littering ist ein grosses Ärgernis und wohl Ausdruck einer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft. Uns alle stört der zugemüllte Strassenrand, die Müllhalden an schönen Aussichtspunkten oder Grillplätzen am Morgen nach einem schönen Sommerabend.

Alle Gemeinden kennen bereits heute Bussen gegen Littering

Die Entsorgung von Siedlungsabfällen ist Aufgabe der Gemeinden. Entsprechend haben bereits heute alle Gemeinden im Kanton Aargau flächendeckend Bussen gegen Littering in ihren Polizeireglementen festgehalten. Das Problem aber liegt darin, dass diese Bestimmungen in den Polizeireglementen nicht vollzogen werden können. Denn eine Sünderin bzw. ein Sünder muss von der Polizei inflagranti erwischt werden – der Vollzug dieser Bestimmung ist demnach enorm schwierig.

Nur ein Beispiel um dies zu veranschaulichen: Die Regionalpolizei Lenzburg, zuständig für 22 Vertragsgemeinden, erteilte im Jahr 2018 zwischen Januar und November ganze 8 Ordnungsbussen wegen Littering – im Schnitt pro Vertragsgemeinde pro Jahr also knapp 1/3 Busse.

Kantonales Litteringverbot ist ein Rohrkrepierer

Die FDP-Fraktion hielt es in ihrer grossen Mehrheit mit Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen; dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Die Notwendigkeit ist deshalb nicht gegeben, weil es bereits flächendeckend Bussen gibt und das Problem des Vollzugs auch bei einem kantonalen Litteringverbot schlicht nicht gelöst wird. Ein Gesetz, das nachweislich nicht vollzogen werden kann, ist wirkungslos und damit schliesslich ein Rohrkrepierer. Es streut der Bevölkerung auch Sand in die Augen: Littering wird auch mit einem kantonalen Litteringverbot kaum geahndet werden und nicht verschwinden.

Würde der Grosse Rat tatsächlich ernsthaft gegen Littering vorgehen wollen, dann müsste er konsequenterweise die Polizeibestände Vervielfachen und den Überwachungsstaat befürworten – überall Videokameras, deren Aufzeichnungen ausgewertet werden dürfen, und eine DNA-Datenbank, die alle Bürgerinnen und Bürger erfasst, um nachzuvollziehen, von wem der Zigarettenstummel oder der Kaugummi tatsächlich stammt. Aber das wollen wir als FDP-Fraktion nicht und das wollen natürlich auch die Befürworter eines kantonalen Litteringverbots nicht.

Der Grosse Rat beschloss schliesslich mit 87 zu 41 Stimmen sehr deutlich ein kantonales Litteringverbot, das im Einführungsgesetz Umweltrecht (EG UWR) festgehalten werden soll. Der Regierungsrat wird schliesslich in der Verordnung über das Ordnungsbussenverfahren die Höhe der Busse festlegen. Aufgrund der Anhörungsergebnisse, der heutigen Bussenhöhe in den Polizeireglementen, dem Vergleich mit den umliegenden Kantonen und vergleichbarer Übertretungstatbestände schlägt der Regierungsrat eine Höhe von 100 Franken vor. Stimmen im Grossen Rat forderten jedoch, die im Ordnungsbussenverfahren maximal mögliche Busse von 300 Franken festzulegen.

Was tun gegen Littering?

Die Gemeinden sind bereits heute sehr aktiv unterwegs, um Littering zu bekämpfen: Grosse und in genügender Anzahl vorhandene Abfalleimer, häuftiges Entleeren der Abfalleimer, Abfallkonzept bei grossen Festen, Abfalltrennung, Fötzeli-Einsätze der Schülerinnen und Schüler, Clean-up-Days mit der Bevölkerung und vieles mehr. Sicher können diese Bestrebungen noch intensiviert werden. Wir alle aber können ebenfalls etwas dazu beitragen: Indem wir erstens gute Vorbilder für unsere Mitmenschen sind und zweitens Sünderinnen und Sünder direkt auf ihr Verhalten ansprechen, wenn wir sie inflagranti erwischen. Ich rufe Sie alle also zu Eigenverantwortung und Zivilcourage auf!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schöne Weihnachten, erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins 2019.

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