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Ja zum Wald – Nein zur Initiative „Ja! Für euse Wald!“

Wer ist nicht für den Wald? Diese rhetorische Frage sei erlaubt, wenn es um die verlockend tönende aargauische Initiative „Ja! Für euse Wald!“ geht. Die Initiative verlangt u.a. einen jährlichen Kantonsbeitrag von 25 Franken pro Einwohner für Massnahmen im Wald: 16 Millionen Franken oder 4 Mal mehr als heute. Der Grosse Rat hat die Initiative am 5. Juni 2018 behandelt und lehnt sie deutlich mit 86 zu 32 Stimmen ab.

Nicht alles was verlockend tönt oder aussieht ist auch wirklich gut. Die Initiative „Ja! Für euse Wald!“ ist sogar ziemlich schlecht, auch wenn niemand bestreitet, dass der Wald eine wichtige Erholungsfunktion hat und die Waldwirtschaft vielfältige Leistungen zu Gunsten der Allgemeinheit übernimmt. Diese Leistungen werden durch die Erlöse aus dem Holzverkauf gedeckt. Da in den letzten Jahren die Marktpreise für Holz zurückgingen, können diese Aufwände aber nicht mehr überall gedeckt werden.

25 Franken pro Einwohner – 16 Millionen Franken – 1 Steuerprozent

Die Initiative will das Aargauische Waldgesetz dahingehend verändern, dass Leistungen für den Wald künftig mit einem Kantonsbeitrag von 25 Franken pro Einwohner abgegolten werden. Bei der aktuellen Bevölkerungszahl entspricht dies rund 16 Millionen Franken, oder 4 Mal mehr als im Jahr 2016 an Beiträgen entrichtet wurde, oder 1 zusätzlichen Steuerprozent. Bei den aktuellen finanzpolitischen Herausforderungen mit einem strukturellen Defizit von 200 bis 250 Millionen Franken pro Jahr kann sich dies der Kanton Aargau schlicht nicht leisten.

Störend ist aber auch, dass ein konkreter Frankenbetrag in ein Gesetz geschrieben werden soll. Das wäre im Kanton Aargau einzigartig. Bei den rund 16 Millionen Franken handelte es sich damit um einen gebundenen Budgetposten, der im Budgetprozess nicht angerührt werden darf. Eine ähnliche Bestimmung mit gleicher Wirkung haben wir bereits im Polizeigesetz (1 Polizist auf 700 Einwohner). Während der Grosse Rat dort über eine Änderung des Polizeigesetzes diskutiert hat, soll nun eine neue Bestimmung eingeführt werden, die den finanzpolitischen Handlungsspielraum für den Grossen Rat weiter einschränkt.

Erholungsnutzung ist Aufgabe der Gemeinden

Es ist unbestritten, dass die notwendigen Massnahmen im Wald infolge verstärkter Erholungsnutzung durch Jogger, Reiterinnen, Wanderer, OL-Läuferinnen usw. zugenommen haben. Das Aargauische Waldgesetz sieht bereits heute vor, dass die Gemeinden Beiträge an den Wald leisten können. Die Erholungs- und Freizeitnutzung ist eine klar definierte Aufgabe der Gemeinden wie dies im Fall von Turnhallen oder Badeanstalten wahrgenommen wird. Wo die Erlöse aus den Holzverkäufen die Kosten nicht mehr decken, sollen also direkt vor Ort in den Gemeinden Lösungen gefunden werden. Dies wird bereits heute in vielen Gemeinden praktiziert und funktioniert bestens. Es gibt keine Notwendigkeit, diese Aufgabe an den Kanton abzuschieben.

Mit der Initiative soll der Kanton Leistungsvereinbarungen mit den Waldeigentümern abschliessen. Der Kanton wird demnach bestimmen, welche Massnahmen wo umgesetzt werden müssen, wird dies kontrollieren und hierzu den administrativen Apparat personell aufstocken. Aufgrund der Aufgabenteilung Kanton / Gemeinden müssten die Gemeinden einen Teil der 16 Millionen Franken mitzahlen müssen, könnten aber nichts mitbestimmen. Die Gemeinden können diese Aufgabe hingegen viel effizienter wahrnehmen als der Kanton.

Keine neue Subventionswirtschaft

Zusätzlich zu den 25 Franken pro Einwohner für den Wald fordert die Initiative auch Beiträge an die Holznutzung und Massnahmen gegen den Klimawandel. Diese Beiträge sind direkte Subventionen für einen ganzen Wirtschaftszweig. Der Ruf nach dem Staat in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten hat damit eine weitere Branche erreicht. Das Aargauer Stimmvolk tut gut daran, diese Initiative auch deshalb abzulehnen. Denn bei einem Ja wird neben der Energie- und Landwirtschaft eine dritte Subventionswirtschaft gegründet – es erstaunt ja nicht, dass die Bauern diese Initiative im Grossen Rat unterstützt haben...

Wer am Subventionstropf hängt, hat keinen Anreiz, an den Strukturen zu arbeiten und die Forstreviere effizienter zu gestalten. Viele, aber noch längst nicht alle Forstreviere haben effiziente Strukturen. Da muss der Hebel angesetzt werden und wo dies immer noch nichts bringt, sollen die Gemeinden vor Ort unterstützen.

Aufsichts-, Vollzugs- und Kontrollaufgaben aufwandgerecht entschädigen

Die Forstreviere nehmen im Auftrag des Kantons Aufsichts-, Vollzugs- und Kontrollaufgaben wahr. Diese sogenannten Revierbeiträge werden durch den Kanton heute nicht aufwandgerecht abgegolten. Der Grosse Rat hat deshalb in den Jahren 2010 und 2014 zwei Vorstösse überwiesen, die kostendeckende Revierbeiträge fordern. Der Ursprung der Initiative lag in der Nichtumsetzung dieser Forderung. Die vorberatende Kommission hat deshalb beantragt, diese Aufwände bereits ab dem Jahr 2019 aufwandgerecht abzugelten und daher von rund 550'000 Franken auf 2.5 Millionen Franken pro Jahr anzuheben. Der Grosse Rat ist diesem Antrag einstimmig gefolgt. Damit ist die ursprüngliche Forderung der Försterinnen und Förster erfüllt.

Bei dieser Waldinitiative geht es nicht um mehr Naturschutz und den Wald per se. Es geht um Geld, viel Geld und dessen teure Umverteilung. Diese Initiative gilt es aus mehreren Gründen zu bekämpfen: sie verschiebt unnötig Aufgaben von den Gemeinden zum Kanton, sie ist dadurch ineffizient, sie ist teuer, sie nimmt dem Grossen Rat weiteren finanzpolitischen Handlungsspielraum und sie schafft eine neue Subventionswirtschaft. Die FDP-Fraktion hat die Initiative deshalb geschlossen abgelehnt.

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