Wann ist Wald denn eigentlich Wald? Um genau diese Frage dreht sich die Teilrevision des Aargauer Waldgesetzes. Sie ist heute nicht in jedem Fall eindeutig zu beantworten, aber sowohl für die Ökologie wie die Eigentümerinnen und Eigentümer von Wald und Landwirtschaftsland sehr relevant.
Um was geht es? Es gibt zwei Definitionen von Waldgrenzen und beide werden aktuell im Kanton Aargau angewendet. Zum einen gibt es die statische Definition, wonach die Waldgrenze verzeichnet und festgelegt ist und grundsätzlich unverändert bleibt. Im Kanton Aargau gilt dies seit 1998 entlang und innerhalb von Baugebieten. Zum anderen gibt es die dynamische Waldgrenze, welche sich verändern kann und deren Definition heute entlang von Landwirtschaftszonen Anwendung findet. Bei einer dynamischen Waldgrenzendefinition kann eine Bestockung ausserhalb des Waldes dann zu Wald werden, wenn sie Grösser als 600m2, breiter als 12m oder älter als 15 Jahre ist.
Wald bleibt Wald
Ist Wald einmal Wald, bleibt er Wald, denn es gilt ein Rodungsverbot. Lässt also ein Eigentümer von Landwirtschaftsland eine Bestockung zu lange auf seinem Grundstück stehen, so wird diese gemäss dynamischer Waldgrenzendefinition einmal Wald. Ab diesem Zeitpunkt darf er die Bestockung nicht mehr entfernen. Per Definition kann also die Waldfläche im Aargau nur noch zunehmen.
Problematik der dynamischen Waldgrenze
Die Definition der dynamischen Waldgrenze führt heute zu Rechts- und Planungsunsicherheiten, da der Grundeigentümer nicht immer genau wissen kann, wann die Bestockung bereits Wald oder noch Nichtwald ist. Zudem ist die dynamische Waldgrenzendefinition für die Ökologie von Nachteil. Denn an Waldrändern (ausserhalb der Waldgrenze) entstehen oft für die Artenvielfalt sehr wertvolle Pionierwälder. Bei einer dynamischen Waldgrenze muss der Eigentümer dafür besorgt sein, dass dieser Pionierwald nicht zu flächig (600m2), zu breit (12m) oder zu alt (15 Jahre) wird und sollte diesen roden bevor er gemäss Definition zu Wald wird. Dies kann für die Ökologie nachteilig sein. Bei einer statischen Waldgrenze hingegen kann der Pionierwald unberührt gelassen werden, weil er irgendwann gerodet werden kann.
Mit einer dynamischen Waldgrenze muss diese auch stetig vermessen und nachgeführt werden. Aktuell läuft das Projekt GISELAN, mit welchem die Landwirtschaftsflächen im Kanton vermessen werden. Damit erfolgt auch eine Abgrenzung von Wald und Nichtwald. Die statische Waldgrenze kann auf Grundlage dieser Vermessung eingeführt werden.
Veränderung von Waldgrenzen
Mit Einführung von statischen Waldgrenzen können sich die Waldgrenzen noch in drei Fällen verändern: Erstens bei bewilligten Rodungen und entsprechenden Ersatzaufforstungen, zweitens bei erwünschten Erweiterungen auf Antrag der Gemeinde im Rahmen von Nutzungsplanverfahren, und drittens bei unwesentlichen Änderungen im Rahmen der amtlichen Vermessung.
Fazit
Es ist ein pragmatischer Ansatz, im Kanton Aargau nur noch eine Definition von Waldgrenzen zu haben und diese im Zusammenhang mit dem Projekt GISELAN einzuführen. Mit einer statischen Waldgrenze entfällt die aufwändige Nachführung, die Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten Planungs- und Rechtssicherheit und der oftmals ausserhalb des Walds wachsende, ökologisch wertvolle Pionierwald kann bedenkenlos stehen gelassen werden.