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Grosser Rat stimmt Steinbrucherweiterung zu

Es war und ist ein höchst emotionales Geschäft, das der Grosse Rat am 21. März 2017 zu beraten hatte. Die jura cement in Wildegg möchte mit einer Erweiterung des bestehenden Steinbruchs Jakobsberg-Egg den Abbau von Kalkgestein für die nächsten 25 Jahre sichern. Der Grosse Rat hat dieser Richtplananpassung mit 102:10 deutlich zugestimmt.

Ausgangslage

Die Rohstoffreserven im Steinbruch Jakobsberg-Egg in Auenstein / Veltheim reichen noch für rund 5 bis 7 Jahre. Deshalb hat die jura cement bereits früh neue Steinbruchstandorte evaluiert. Nach erbittertem Widerstand aus der Bevölkerung und seitens Landschaftsschützern brach die jura cement im Jahr 2014 diese Standortsuche ab. Sie unterzeichnete eine Absichtserklärung mit den beiden Standortgemeinden Auenstein und Veltheim, dass die bereits im Richtplan festgehaltenen neuen Standorte gestrichen, im Gegenzug aber der bestehende Steinbruch erweitert werden soll.

Als Folge aus dieser Absichtserklärung liess die jura cement die vier ehemaligen Untersuchungsgebiete Homberg, Grund, Hard, Bäumer/Gisliflueh 2014 aus dem Richtplan streichen. Anschliessend startete die jura cement ein breites Mitwirkungsverfahren zusammen mit den beiden Standortgemeinden, Vertretern aus der Bevölkerung, der Interessengruppen und dem kantonalen Departement. Im Laufe dieser Mitwirkung erklärte sich die jura cement bereit, die Immissionen in Form von Lärm, Staub und Erschütterungen um 1/3 stärker zu reduzieren als es die gesetzlichen Grenzwerte vorschreiben. Hierzu sollen bspw. neue Frässmaschinen zum Einsatz kommen, um das Sprengen möglichst zu vermeiden. Zusätzlich haben sich die verschiedenen Parteien darauf geeinigt, dass nur noch max. 6 mio. m3 Kalkgestein abgebaut werden soll.

Der Widerstand der Anwohner gegen den weiteren Materialabbau im Steinbruch Jakobsberg-Egg ist gross. Das Verständnis für die betroffene Anwohnerschaft ist vorhanden. Dennoch muss auch hier wie bei wohl jedem Infrastruktur- und/oder Bauprojekt angemerkt werden, dass wohl nur ganz wenige unter uns keine Lasten für die Allgemeinheit zu tragen haben. Wir alle wollen Strom, aber die Leitungen will niemand auf dem Grundstück; alle wollen Bahn- und/oder Autofahren, aber die Bahnlinie oder Strasse vor dem Haus nicht und alle wollen in einem Haus wohnen, aber die Rohstoffe, die dazu benötigt werden, sollen nicht in der Nachbarschaft abgebaut werden.

Steinbrucherweiterung

Mit der Steinbrucherweiterung soll ein Abbauvolumen von weiteren 6 mio. m3 Kalkstein erschlossen und damit der Weiterbetrieb des Werks Wildegg für rund 25 Jahre gesichert werden. Die Richtplananpassung sieht eine Erweiterung „West“, eine Erweiterung „Mitte“ und eine Erweiterung „Ost“ sowie eine Tieferlegung der heutigen Abbausohle vor. Die zur Diskussion stehenden Erweiterungen und die Tieferlegung haben ein Potenzial von 7.5 mio. m3 Abbauvolumen. Im nachgelagerten Verfahren (kommunales Nutzungsplanverfahren) muss der Perimeter so angepasst werden, dass das angestrebte, maximale Abbauvolumen von 6.0 mio. m3 resultiert. Wie stark der Steinbruch erweitert werden muss, hängt wesentlich davon ab, wie stark die bisherige Abbausohle tiefergelegt werden kann. 

Ebenfalls Bestandteil der Richtplananpassung ist die Rekultivierung nach Abschluss des Materialabbaus mit sauberem Aushubmaterial. Für die Wiederauffüllung des Steinbruchs wird das Material aus dem neuen SBB-Bözbergtunnel über die Bahn nach Wildegg und von dort via Förderband direkt in den Steinbruch geführt. Da der Materialabbau etappiert erfolgt, kann auch die Rekultivierung parallel verlaufen. Ziel ist es, trotz Erweiterung des Steinbruchs, die offene Abbaufläche laufend zu reduzieren.

Verfahren

Der Grosse Rat hat nun über die Festsetzung dieses Materialabbaugebiets entschieden. Dabei ist insbesondere eine räumliche Beurteilung vorzunehmen und Abwägungen zwischen verschiedenen Interessen wie Natur und Landschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vorzunehmen. Das Werk in Wildegg produziert 18% des in der Schweiz hergestellten Zements und stellt über 100 Mitarbeitende an. Die wirtschaftliche Bedeutung des Werks für die gesamte Region ist gross, so erhalten viele kleine Zuliefererunternehmen aus den Nachbargemeinden Aufträge. Aber auch aus ökologischer Sicht ist das Werk Wildegg von Bedeutung – dies haben auch die Grünen im Grossen Rat herausgestrichen. Aus dem Abfallkreislauf ist das Werk nicht mehr wegzudenken, mit der Abwärme wird ein Grossteil von Wildegg geheizt und ein Import der Rohstoffe aus bspw. Osteuropa ist nicht nur unrentabel, es wäre auch ökologisch kompletter Schwachsinn.

Der Grosse Rat hat auf Stufe Richtplan eine andere Flughöhe einzunehmen als die Gemeinden im kommunalen Nutzungsplanverfahren. Der Grosse Rat hat der Erweiterung des Steinbruchs Jakobsberg-Egg mit 102 zu 10 stimmen deutlich zugestimmt. Sowohl Regierung wie Grosser Rat haben aber verschiedene Massnahmen und Anforderungen an die nachgelagerten Verfahren definiert, um den durchaus berechtigten Anliegen der Anwohnerschaft zu entsprechen. Der Grosse Rat hat damit die Perimetergrenzen gesetzt, innerhalb dieser nun im kommunalen Nutzungsplanverfahren und später im Baubewilligungsverfahren die Erweiterung und alle Anforderungen daran konkretisiert und verbindlich definiert werden müssen.

Die Anliegen der Anwohnerschaft sind in den Massnahmen und Anforderungen aufgenommen und sind nun im dafür vorgesehenen Nutzungsplanverfahren umzusetzen. Ohne Eingehen auf die Anliegen der Anwohnerschaft wird es die Erweiterung des Steinbruchs Jakobsberg-Egg vor den jeweiligen Gemeindeversammlungen schwierig haben. Dessen wird sich auch die jura cement bewusst sein. Ich bin überzeugt, dass die verschiedenen Parteien innerhalb des nun vom Grossen Rat gesetzten Rahmens eine für alle Beteiligten gute Lösung finden werden.

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