Der Rechtsstaat ist einer derjenigen Pfeiler, der für Stabilität in unserem Land sorgt. Dieses Rechtssystem schützt die Bürgerinnen und Bürger und ermöglicht gerade auch uns Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern, uns mittels einer Einsprache gegen Projekte zu wehren oder bei einer Einwenderverhandlung ein Projekt insgesamt zu verbessern. Wenn es aber bei Einsprachen und Beschwerden nur darum geht, (demokratisch legitimierte) Projekte zu verzögern oder ganz zu verhindern, dann wird unser Rechtsstaat überstrapaziert. Volksentscheide sollten akzeptiert werden, ob diese einem passen oder nicht.
Ich stelle generell fest, dass Volksentscheide je länger je weniger akzeptiert werden. Es wird sogar bei etablierten Parteien salonfähig, über Volksentscheide hinwegzusehen und auf anderem Wege zum Ziel zu kommen. So staune ich doch sehr, dass SP und Grüne die Initiative der GsoA zur Verhinderung des Kaufs des F-35 unterstützen, obwohl das Schweizer Stimmvolk im vergangenen September – wenn auch sehr knapp – der Finanzierung von neuen Kampfjets zugestimmt hat. Mit allen Mitteln soll dieser Kauf verhindert werden. Dabei geht es nicht um den Flugzeug-Typen, sondern generell darum, die Schweizer Armee zu schwächen und in Raten abzuschaffen. Die GsoA will ja nicht ernsthaft, dass die Schweiz einen anderen Kampfjet kaufen darf. Nein, natürlich nicht…
Oder jüngst hat die Mitte-Fraktion im Grossen Rat eine parlamentarische Initiative aus rot-grüner Hand unterstützt, welche die Einführung der Eigenstromerzeugung im kantonalen Energiegesetz verlangt. Und dies nicht einmal ein Jahr, nachdem das Aargauer Stimmvolk im September 2020 das kantonale Energiegesetz mit exakt dem gleichen Wortlaut zur Eigenstromerzeugung abgelehnt hat. Ich frage mich, wo die staatstragende DNA der Mitte-Fraktion geblieben ist.
Eigentlich gibt es neben den unzähligen und teils unnötigen Reglementierungen auch ungeschriebene Regeln in der Politik. Eine davon besagt, dass nach einem Volksentscheid mindestens zwei Legislaturen, wenn nichts sogar 10 Jahre abgewartet werden sollte, um dasselbe Anliegen noch einmal zu bringen. Es sei denn, in der Zwischenzeit hätte sich die Ausgangslage massiv verändert. Was allerdings sowohl bei den Kampfjets wie beim Eigenstrom nicht der Fall ist.
So kann ich, als mittlerweile alter Hase im Grossen Rat, nur an die Vernunft der Grossrätinnen und Grossräte appellieren, Volksentscheide doch zu akzeptieren. Genützt hat es nichts. 63 Grossrätinnen und Grossräte verlangen, dass die zuständige Kommission die Verpflichtung der Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer zur Eigenstromerzeugung bei Neubauten sowie Umbauten und Erweiterungen nochmals prüfen muss. Dies, obwohl diese Massnahme nichts zur Stromversorgungssicherheit beiträgt und die Verhältnismässigkeit staatlichen Handelns nicht gegeben ist. Damit bleibt uns nur, diese Eigenstromerzeugung im Parlament zu versenken – oder dann halt wieder das Referendum zu ergreifen.