Aktuell

Von den Gutmenschen und Schubladen

Kaum ist das neue Jahr gestartet, müssen wir Freunde der Demokratie schockierende Bilder aus Washington D.C. zur Kenntnis nehmen. Ein während Wochen durch das Staatsoberhaupt aufgehetzter Mob stürmt die heiligen Hallen des Kapitols – das Symbol für Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie. Nach vier Jahren Präsidentschaft unter Donald Trump sind die USA gespalten wie selten zuvor.

 

Warum erzähle ich Ihnen das? Es erfüllt mich mit Sorge, welche Ausmasse die viel genannte «Trumpisierung» angenommen hat. Das Einteilen der Welt in Gut und Böse, Teufel und Engel, schwarz und weiss, Gutmenschen und «Schlechtmenschen» ist leider nicht nur ein Phänomen, das in den letzten Jahren die politische Kultur in den USA geprägt hat. Auch in der Schweiz nimmt diese Tendenz zu und ist gefährlich für das Finden von guten und noch besseren Lösungen bestehender Herausforderungen.

Diesbezüglicher Tiefpunkt war der Abstimmungskampf um die Konzernverantwortungs-Initiative, über die wir Ende November 2020 abgestimmt haben. Wer sie befürwortete, war ein guter Mensch; wer sie ablehnte, war ein Feind der Menschenrechte und ein Unterstützer profitgieriger Konzerne. Und kaum ist das Resultat amtlich, muss das für die Ablehnung der Initiative «schuldige» Ständemehr als wichtiger Pfeiler unserer Demokratie abgeschafft werden – eine Forderung, die ausgerechnet von Parteien und Politikern geäussert wurde, die ansonsten für den Minderheitenschutz einstehen.

Auch als ich mich im Rahmen der Delegiertenversammlung der FDP Schweiz in aller Deutlichkeit gegen das neue CO2-Gesetz ausgesprochen habe, wurde mir unterstellt, noch immer nicht anerkennen zu wollen, dass der Klimawandel stattfinde und nichts unternehmen wolle. So schnell sind wir in Schubladen eingeteilt, ohne sachlich zu diskutieren und in Debatten zu argumentieren.

Wir werden in den nächsten Monaten noch viel zum CO2-Gesetz hören und lesen – und dieses sachlich diskutieren müssen. Ich bin nicht gegen Massnahmen im Kampf gegen den Klimawandel, ganz im Gegenteil. Massnahmen müssen aber in Bezug auf den Klimaschutz wirksam, sozial verträglich und ökonomisch effizient sein. Das CO2-Gesetz erfüllt leider keine dieser Voraussetzungen. Von zähneknirschenden Befürwortern höre ich denn auch: «Jeanine, du hast schon Recht, aber weisst du, wir müssen jetzt einfach etwas tun.» So aber verstehe ich meine Aufgabe als Politikerin nicht. Wir haben bereits genügend Gesetze, die nichts bringen, aber Gesellschaft und Wirtschaft viel kosten.

Wer Nein zum CO2-Gesetz stimmt, ist nicht ein schlechter Mensch und hat auch kein Brett vor dem Kopf. Oft werde ich gefragt, wie ich denn das Problem lösen würde. Das werde ich Ihnen in einer der nächsten Ausgaben ausführen.

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