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Nein zur Verstaatlichung der Energieproduktion

Der Grosse Rat hat ein Postulat von SP und SVP überwiesen, das verlangt, dass Schweizer Wasserkraftwerke in Schweizer Hand bleiben müssen. Der Regierungsrat hat sich bereit erklärt, das Postulat mit Erklärung entgegenzunehmen und will wie bisher seinen Einfluss über die Eigentümerstrategie bei AEW Energie AG und Axpo geltend machen. Die FDP hat die Entgegennahme bestritten, ist aber deutlich mit 103 zu 30 Stimmen unterlegen.

Die starke Subventionierung der neuen erneuerbaren Energien und die tiefen Kohlepreise haben in den letzten Jahren den Preis im europäischen Strommarkt erodieren lassen. Darunter hat v.a. die Schweizer Wasserkraft zu leiden, weil sie nicht mehr rentabel betrieben werden kann. Diese absurde europäische, v.a. aber durch Deutschland getriebene, Energiepolitik wirkt sich massiv auf den Wert der Beteiligungen an der Schweizer Wasserkraft aus. So musste Axpo kürzlich beim neuen Pumpspeicherkraftwerk Linth-Limmern (Investition: 2.1 Mrd. Franken) einen Abschreiber von rund 540 Mio. Franken vornehmen – und dies, bevor das Kraftwerk überhaupt mit der Produktion begonnen hat. Dieses klassische Politikversagen führt dazu, dass sich die Schweizer Kraftwerksbetreiber überlegen, was sie mit ihren Beteiligungen machen wollen. Alpiq und zuletzt auch Axpo haben deshalb angekündigt, unter Umständen Beteiligungen an der Schweizer Wasserkraft zu veräussern.

Dies hat die Fraktionen der SP und SVP im Grossen Rat auf den Plan gerufen. Bereits im Zürcher Kantonsrat wurden sie mit dem gleichen Anliegen vorstössig. Mit einem Postulat wollen sie erwirken, dass die Schweizer Wasserkraft in Schweizer Händen bleiben müsse, weil diese für die Versorgungssicherheit der Schweiz zentral sei. Sie zeichneten Horrorszenarien, dass chinesische oder arabische Investoren die Wasserkraftwerke kauften, um sie dann stillzulegen und der Schweiz somit den Strom abzudrehen.

Am 22. November 2016 hat der Grosse Rat das Postulat als dringlich erklärt. Somit kam es bereits am 13. Dezember 2016 zur Debatte über diesen Vorstoss. Der Regierungsrat hat sich in seiner Antwort bereit erklärt, das Postulat mit Erklärung entgegenzunehmen. Er lege in der Eigentümerstrategie bereits heute fest, dass die AEW Energie AG an ihren Beteiligungen an Aargauer Kraftwerken festhalte. Sofern Aargauer Kraftwerke zum Verkauf stünden, prüfe die AEW Energie AG deren Kauf. Eine Übernahme komme aber nur in Frage, falls der Preis marktkonform sei. Zudem könne der Kanton über die Konzessionsvergabe Einfluss auf die Beteiligungen nehmen.

Konsequenz: Verstaatlichung der Energieproduktion

In seiner Erklärung hält der Regierungsrat zwei wesentliche Aussagen zur Beurteilung dieses Vorstosses fest.

  1. Eine Einschränkung des Käuferkreises auf Schweizer Unternehmen garantiere nicht, dass bei einem späteren weiteren Verkauf nicht doch ausländische Investoren zum Zuge kämen.
  2. Für die Versorgungssicherheit sei nicht massgebend, ob sich Wasserkraftwerke in Händen von privaten oder öffentlichen Körperschaften befinden.

Folge daraus ist: Sollen Schweizer Wasserkraftwerke in Schweizer Händen bleiben, so geht dies nur, wenn die öffentliche Hand 100% der Beteiligungen hält.

Seit 2009 ist der Strommarkt in der Schweiz teilliberalisiert. Handel und Produktion wurden dem freien Markt übergeben, es besteht einzig im Bereich der Netze ein Monopol. Viele Schweizer Energieversorgungsunternehmen (EVU) beteiligen sich an Kraftwerken im Ausland und investieren u.a. in neue erneuerbare Energiequellen. Eine konsequente Auslegung und Anwendung der Vorstellungen von SP und SVP würde demnach ein Schritt zurück ins Monopol bedeuten. Statt endlich den konsequenten Weg weiterzugehen und auch die zweite Etappe der Strommarktöffnung zu vollziehen, erhält die Staatsgläubigkeit Oberwasser.

Dass die SP einen solchen Vorstoss aus der sozialistischen Mottenkiste lanciert, erstaunt wenig. Dass sich aber die SVP unter dem Deckmantel des Heimatschutzes in dieses sozialistische Lotterbett legt, schockiert doch eher.

Für Versorgungssicherheit irrelevant

Und damit zur zweiten Aussage des Regierungsrats: Für die Versorgungssicherheit ist es völlig irrelevant, wer die Beteiligungen an Kraftwerken hält. Energiegesetz, Stromversorgungsgesetz, Stromversorgungsverordnung und schliesslich auch das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung reichen vollkommen aus, um ein solches von SP und SVP gezeichneten Horrorszenario zu verhindern.

Insbesondere Letzteres regelt Massnahmen zur Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen bei schweren Mangellagen – also auch der Energieversorgung. Der Bundesrat kann bei zunehmender Bedrohung Massnahmen in der Energiewirtschaft erlassen oder gegen schwere Mangellagen infolge von Marktstörungen eingreifen. Sowohl der Fall eines Wirtschaftskrieges oder einer anderen Bedrohung als auch die Energiemangellage, die auch aus völlig anderen Gründen eintreffen kann, sind abgedeckt. Wie wir im letzten Winter gesehen haben, kann es auch ohne chinesische Kraftwerkseigentümerschaften oder Beteiligungen der Emirate zu Energiemangellagen kommen.

Überdies: Wer die Schweiz lahmlegen will, der wird kaum Kraftwerke kaufen, um damit kein Geld zu verdienen. Das ist völlig absurd! Nein, wer mutwillig die Schweizer Stromversorgung ausschalten will, der macht es über einen gezielten Hackerangriff. Das ist viel günstiger und wirkt sehr viel schneller.

Billiger Populismus auf Kosten der Steuerzahler

Die Verstaatlichung der Wasserkraftwerke löst kein Problem der heutigen unrentablen Wasserkraft. Im Gegenteil: Mit noch mehr staatlichen Fesseln verlieren die Beteiligungen an Wasserkraftwerken weiter an Wert – den Schaden haben nicht nur die betroffenen EVU, sondern der Eigentümer – also der Kanton Aargau, wir Steuerzahler.

Die FDP hat sich dagegen gewehrt, aufgrund eines klassischen Politikversagens nach dem Staat zu rufen. Gegen die unheilige Allianz aus SP und SVP war im Grossen Rat leider kein Kraut gewachsen. Über die FDP-Fraktion hinaus ist es nur bei einigen Mitgliedern der CVP und GLP gelungen, argumentativ zu überzeugen. Der Grosse Rat überwies das Postulat mit 103 zu 30 Stimmen sehr deutlich.

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